Sa, 11.06: Kundgebung – Fluchtursachen bekämpfen statt Flüchtlinge

Was:  Kundgebung – Fluchtursachen bekämpfen statt Flüchtlinge
Wann : Sa, 11.06.16 , 13:00 Uhr
Wo: Max-Josefs-Platz Rosenheim
Veranstalter: Agir – Demokratische Jugend

 

Samstag 11. Juni 13:00 Max-Josefs-Platz Rosenheim

10.000 ertrunkene Menschen im Mittelmeer seit 2014: Solidarität mit den geflüchteten Menschen aus aller Welt! Das europäische Grenzregime muss weg! Der Kapitalismus auch.

 

In der letzten Mai-Woche sind laut Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) 700 geflüchtete Menschen im Mittelmeer ertrunken. 1300 Menschen starben im Mittelmeer seit Beginn diesen Jahres, seit 2014 sind es rund 10.000. Als im September vergangenen Jahres der tote Flüchtlingsjunge Alan Kurdi an der türkischen Küste an Land gespült wurde erregte das weltweit Aufsehen, die Bilder gingen um die Welt. Alle bekundeten Mitleid, Regierungen gelobten Besserung, passiert aber ist wenig bis nichts, die Situation ist sogar noch schlimmer. Auch in diesen Tagen ertrinken wieder Kinder im Mittelmeer, Väter und Mütter, doch dieses mal haben wir uns schon daran gewöhnt. Die Toten werden von vielen als Kollateralschaden europäischer Flüchtlingspolitik wahrgenommen.

Die Schleuser, die auch für das Boot verantwortlich waren von dem Alan Kurdi fiel, bekamen vier Jahre Haft. Und die Politiker_innen, die für den Tod so vieler Menschen mitverantwortlich sind, sitzen immer noch an ihren Schreibtischen. Es sind die, die dem Despoten Erdogan Milliarden zahlen, damit er ihnen die Flüchtlinge vom Leib hält. Die geflüchtete Menschen damit zwingen, immer weitere und gefährlichere Fluchtrouten in Kauf zu nehmen und dabei zu sterben. Denkt daran, wenn ihr in den kommenden Wochen nach Italien in den Urlaub fahrt, oder nach Griechenland, auf Korsika, Spanien oder nach Kroatien. Denkt daran, dass die Leichen im Wasser treiben.

Nicht besser als die AfD

Vor rund einem Jahr sorgte das „Zentrum für politische Schönheit“ mit der Aktion „Die Toten kommen“ für Trubel. Leichen von Flüchtlingen wurden im Herzen Europas bestattet, vor dem Bundestag wurden symbolisch Gräber ausgehoben. Und eigentlich hätte es der Aktion gestanden, hätte man die Trümmer aus den destabilisierten und zusammengebrochenen Staaten Libyen, Syrien, Afghanistan oder Irak neben die Gräber und vor die Tore des Bundestages oder des EU-Parlamentes geworfen. Damit die Trümmer zu denen finden, die mitverantwortlich sind für die Ausbeutung und Zerstörung des Nahen Ostens.

Kunstaktionen hin oder her: Inzwischen scheint es selbst den europäischen Intellektuellen die Sprache verschlagen zu haben, die sonst so gerne das Gewissen eines sozialen Europas simulieren. Vermutlich haben sie gemerkt, dass es wenig bringt, den Bundestags- und EU-Parlamentarier_innen gut zuzureden und sie höflich darum zu bitten, das Töten zu unterlassen.

Während AfD-Mitglieder nur vom Schusswaffengebrauch reden ist er an der türkisch-syrischen Grenze längst Realität. Immer wieder berichten geflüchtete Menschen und kurdische Medien von türkischen Soldaten, die auf wehrlose Flüchtlingsfamilien schießen. Und während sich ein breites Bündnis von CSU bis Linkspartei über die Hetze der AfD mokiert verhandelt die Bundesregierung mit einem türkischen Diktator, dessen Sicherheitskräfte in den vom türkischen Staat besetzten Teilen Kurdistans Hinrichtungen durchführen und zehntausende Menschen in die Flucht treiben.

Die AfD mag den Diskurs nach rechts verlagern, sie mag Nazi-Banden in ihrem Handeln bestärken, doch die AfD ist lange nicht so mörderisch wie der Status quo, wie die reale Politik von CSU, SPD und Grünen. Die Toten erscheinen anonym, doch es könnten auch wir sein. Es sind Menschen, die ganz ähnliche Wünsche haben wie wir, ähnliche Bedürfnisse: Ein gutes Leben in Sicherheit und ohne Angst. Mit diesen Menschen verbindet uns viel mehr als mit denen in den Chefetagen, in den Vorständen und Parlamenten. Jede*r, der*die etwas anderes behauptet, spielt damit den Herrschenden in die Hände.

Fluchtursache Kapitalismus

Im Kapitalismus verfügt eine kleine Minderheit über die Produktionsmittel. Eine kleine Minderheit hortet Geld auf Konten, diktiert den Lohnabhängigen Anweisungen, bestimmt darüber wann wo und wie wir zu arbeiten haben. Der Privatbesitz an Produktionsmitteln, also an Boden, Taxis, Fabriken und Rechenzentren, um einige Beispiele zu nennen, ist die bestimmende Eigenschaft des Kapitalismus und gleichzeitig die Grundlage für extremen Reichtum und extreme Armut. Und die Produktion um des Profits, nicht um der Bedürfnisse willen ist die Ursache dafür, dass Brot im Supermarkt verschimmelt, Überproduktion herrscht während woanders Menschen verhungern. Es sind rund 25.000 am Tag.  Es sind nicht die Auswüchse des Kapitalismus, nicht die Börsen, nicht die Finanzwelt die Schuld tragen am Übel, es ist der Kapitalismus selbst.

Die weltweiten Kriege um Ressourcen wie Öl oder Gas, die Kämpfe um Boden, Absatzmärkte und Arbeitskräfte haben ganze Kontinente verwüstet. Es ist kein Zufall, dass aus afrikanischen Staaten und aus dem Nahen Osten die meisten Flüchtlinge nach Europa kommen. Europäische Staaten sind maßgeblich an der Destabilisierung und Ausbeutung dieser Gegenden beteiligt. Wenn man sich die Entstehungsgeschichte der Nationalstaaten und ihrer Konflikte in diesen Regionen ansieht, kommt man nicht umhin, zu erkennen, dass hier künstliche Gebilde nach geopolitischen und ökonomischen Interessen geschmiedet wurden. Den Nahen Osten beispielsweise teilten sich die Besatzungsmächte Großbritannien und Frankreich nach dem 1. Weltkrieg untereinander auf, der Irak, um ein Beispiel weiter auszubauen, entstand aus drei ölreichen ehemaligen osmanischen Provinzen und wurde nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zusammengebastelt. Die Lizenzen für die Ölförderung gehörten zu 100 Prozent ausländischen Investoren. Nebenbei spielte man noch Ethnien und Religionsgruppen gegeneinander aus, Schiiten gegen Sunniten, Araber gegen Türken, die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Die letzte Welle imperialistischer Übergriffe begann 2003 mit dem von den USA geführten Angriffskrieg von Nato-Staaten im Irak. Auch dieser war ökonomischen und geostrategischen Interessen geschuldet, er schuf neben hunderttausenden Toten durch die Entmachtung der sunnitischen Eliten auch die Grundlage für die Entstehung des Islamischen Staates, der dann von den Saudis und der Türkei, den Verbündeten des Westens, mit Geld und Waffen versorgt wurde. Nach einigen Jahren griff der Bürgerkrieg auch auf Syrien über. Und in Syrien zeigt sich wie destruktiv und verbissen die jeweiligen Nationalstaaten und Bündnisse gezwungen sind zu handeln. Im kapitalistischen Wirtschaftssystem geht es darum, in der Konkurrenz zu überleben, koste es was es wolle. Dem kapitalistischen System ist es egal, wenn Millionen Menschen krepieren oder ihre Heimat verlassen, um sich auf den gefährlichen Weg in ein vermeintlich besseres Leben machen.

Den Spaltungsversuchen entgegentreten

Die Hetze gegen Geflüchtete Menschen versucht diese Tatsache zu verdrehen. Die Geflüchteten als Problem darzustellen. In großen Teilen der deutschen Öffentlichkeit werden Ursache und Wirkung verwechselt. Zu viele Menschen lassen sich gegeneinander ausspielen. Nationalismus und Rassismus verdecken die wahren Konflikte. Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern sondern zwischen Oben und Unten.

Ob HartzIV-Empfänger*in, Putzkraft, Manager*in oder Unternehmensvorstand: Beim Public Viewing sind sie alle gleich. Nämlich deutsch. Das lenkt von den wahren gesellschaftlichen Konfliktlinien ab, von den Verteilungskämpfen, von der Ungerechtigkeit in der kapitalistischen Gesellschaft. Es schweißt, sehr vereinfacht formuliert, die zusammen, die nicht zusammen gehören: Diejenigen, die schuften und die, die davon profitieren. Und es macht die zu vermeintlichen Konkurrenten oder Gegnern, die unsere Kolleg_innen und Mitstreiter_innen für eine andere Welt sein könnten oder bereits sind.

Die Herrschenden nutzen religiöse Konflikte, Rassismus, Nationalismus oder Antisemitismus um uns zu spalten. Rechte Populist_innen versuchen auf diesen Zug aufzuspringen. Sie versuchen die hiesigen Arbeiter_innen und Angestellten gegen Migrant_innen auszuspielen. Sie können sich so oppositionell und rebellisch darstellen wie sie wollen. Sie sind es nicht. So, wie die NSDAP eine Partei des Großkapitals war, so ist auch die AfD nicht die Partei der „kleinen Leute“ als die sie sich gerne inszeniert. Wer sich die wirtschafts- und sozialpolitischen Programmpunkte des Wahlprogramms durchliest wird das bemerken. Die „kleinen Leute“, das sind auch die geflüchteten Menschen aus anderen Ländern, es sind unsere Kolleg_innen. Wer sie ausgrenzt oder ermordet der kann nur unser Feind sein.

Die Katastrophe ist nicht was kommt sondern was ist. Was wir entwickeln müssen ist das Bewusstsein für den laufenden Krieg. In Syrien prallen die hegemonialen Ansprüche der imperialistischen Großmächte und regionalimperialistischen Staaten bereits direkt aufeinander. Im Unterschied zu früher machen sich die Auswirkungen internationaler Konflikte auch hier stark bemerkbar. Mit den Terroranschlägen kehrt der Krieg dorthin zurück wo er herkommt, in die kapitalistischen Zentren.

Die Angriffe beantworten

Wir müssen beginnen, jede Unterdrückung, Ausbeutung, jedes Ertrinken im Mittelmeer als das zu begreifen was es ist, ein Angriff auf uns alle. Es muss darum gehen, diese Angriffe zu beantworten. Die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sie spüren zu lassen, dass ihr Handeln irgendwann auch für sie Konsequenzen haben kann. Und eine neue Gesellschaft zu entwerfen, in der der Reichtum der Gesellschaft gehört und nicht einigen wenigen. In der bedürfnisorientiert produziert wird, in der Politik ein gesellschaftlicher Prozess ist an dem sich alle beteiligen, anstatt alle paar Jahre bei Wahlen Teilhabe zu simulieren. Es gibt diese Gesellschaft, so wie es auch die kapitalistische Gesellschaft gibt. Wir müssen uns nur entscheiden.

Die Fluchtursachen zu bekämpfen bedeutet den Kapitalismus zu überwinden. Uns zu organisieren gegen Aufrüstung, Krieg und Ausbeutung. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet, die fortschrittlichen Aufstände in aller Welt, ob im mexikanischen Bundesstaat Chiapas oder in Kurdistan zu unterstützen. Die Gesellschaften, die dort entstehen, zeugen davon, dass partizipative Demokratie und ein Leben außerhalb der kapitalistischen Verwertung möglich ist.

Auch hier ist es spätestens jetzt an der Zeit, linke Strukturen aufzubauen, die dem europäischen Grenzregime etwas entgegenzusetzen haben damit den 10.000 Toten im Mittelmeer keine weiteren 10.000 folgen. Strukturen die in der Lage sind, Angriffe von Seiten faschistischer Organisationen abzuwehren und zurückzuschlagen. Eine andere Welt scheint weit entfernt und wir sind hier und jetzt nicht viele. Aber wir haben auch keine andere Wahl.

Auf unserem blog veröffentlichen wir Terminhinweise von Bündnispartnern. Für die Inhallte der Veranstaltungen sind die jeweiligen Bündnispartner*innen und nicht das Bündnis Rosenheim nazifrei verantwortlich.

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