Im folgenden dokumentieren wir einige der Redebeiträge, welche auf der Demonstration und Kundgebung „GEMEINSAM GEGEN RECHTE HETZE! #2“ am Sa, 21.09.19 in Rosenheim gehalten wurden.
*Die Seite wird in den kommenden Tagen noch aktualisiert *
A) Andreas Salomon (DGB/ GEW)
B) Dr. Thomas Nowotny (Stolperstein-Initiative & Initiativkreis Migration)
C) Reka Molnar (Jusos)
D) Angelika Graf (Gesicht zeigen)
E) Thomas Frank (SPD Rosenheim)
F) contre la tristesse
G) Christopher (SPD Raubling)
H) Stadtjugendring Rosenheim
A) Rede für den DGB und die GEW von Andreas Salomon (GEW)
Liebe Demonstrantinnen und Demonstranten, liebe Gewerkschaftsfreunde
wir lassen es in Rosenheim nicht zu, wenn Nazis oder deren Gesinnungsbrüder versuchen, hier auch nur einen einzigen Fuß auf den Boden zu bekommen.
Wir haben ein starkes Bündnis geschmiedet, das über alle Unterschiede zwischen uns fest zusammensteht, wenn es darum geht, Feinden demokratischen Denkens die Tür zu weisen.
Einer von ihnen ist der Hassprediger Michael Stürzenberger, dem die Stadt Rosenheim erlaubt hat, ausgerechnet auch noch an zentralster Stelle, nämlich hier auf dem Max-Josefs-Platz seinen Hasstiraden gegen den Islam freien Lauf zu lassen.
Stürzenberger ist die zentrale Figur der islamfeindlichen Szene in Bayern und war bis zu deren Auflösung Bundesvorsitzender der Partei „Die Freiheit“. Immer wieder wurde er wegen Volksverhetzung verurteilt, ist aber nicht zu bremsen, sowohl im Internet seine Hetze zu verbreiten als auch auf Veranstaltungen in Bayern und in anderen Bundesländern. Er tritt gerne auf Veranstaltungen von Pegida auf und sucht die Nähe zur AFD. Er hetzt pauschal gegen den Islam und die Muslime und spricht ihnen im Grundgesetz garantierte Menschenrechte wie insbesondere die Rechte auf Diskriminierungsfreiheit und vor allem Religionsfreiheit ab. Dabei setzt er den Islam mit dem Faschismus gleich. Er sagt wörtlich: „Islam ist Faschismus, ist die Herrschaft dieser Religionsdiktatur“.
Stürzenberger ist ein Wolf im Schafsfell, der vorgibt, sachlich über die angebliche Verfassungsfeindlichkeit des Islam und die von ihm ausgehenden Gefahren für die Demokratie aufzuklären, aber in Wirklichkeit ist er ein übler Demagoge, der das Geschäft der Ausgrenzung und Absonderung betreibt. Er will einen Keil zwischen Anhänger verschiedener Religionen treiben und versucht – in Bezug auf den Islam ohne jede Differenzierung – den Eindruck zu erwecken, Anhänger des Islam müssten wir als Feinde begreifen.
Liebe Freundinnen und Freunde,
hier ist ein Hassredner am Werk, dem niemand auf den Leim gehen wird. Wer seine Reden auf youtube verfolgt, sieht, dass es völlig sinnlos ist, sich mit ihm auf ein Gespräch einzulassen. Solchen Menschen gehört das Wort entzogen, sie dürfen keinen Ort mehr bekommen, an dem sie zerstörerisch auf die Demokratie einwirken können.
Überall, wo er auftritt, trifft er auf heftige Gegenwehr. Er polemisiert und manipuliert und löst heftige emotionale Reaktionen aus. Er sei ein „Teufel“, hört man auf einer Kundgebung eine Demonstrantin rufen, der versuche die Kultur und die Demokratie in Deutschland zu zerstören.
Seine Reden sind Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremisten, sind Steilvorlagen für die AFD und alle Reaktionäre, die am liebsten eine hohe Mauer um Deutschland bauen würden, um keinen Flüchtling mehr hinein zu lassen und die, die schon da sind, möglichst schnell wieder zurückzuschicken.
Wir Demokraten hingegen sind stolz auf unser Grundrecht auf Asyl und treten für eine Flüchtlingspolitik ein, bei der niemand auf der Flucht sterben muss, und niemand hier erneut einer Verfolgung und Diskriminierung unterliegt.
Stürzenberger spricht von einer drohenden „Völkerwanderung“, der wir uns ausgesetzt sähen, und will damit Ängste schüren und Vorurteile nähren. Er wäre besser beraten, sich einmal mit den Ursachen der Fluchtbewegung auseinanderzusetzen, um zu erkennen, dass die globale Politik der großen kapitalistischen Industrienationen dazu geführt hat, dass immer mehr Menschen ihre Heimat verlassen müssen.
Michael Stürzenberger bastelt sicher keine Bomben. Er hat eine andere Rolle im Gesamtnetz. Er gehört zu denjenigen, die den Boden bereiten für die nackte, brutale Gewalt, der Hass und Zwietracht sät, der Misstrauen schürt und Feindbilder aufbaut – aber auch die braucht es. Und wir sollten diese Volksverhetzer nicht unterschätzen.
Wer Aggressionen provoziert, mit dem Mikrofon fest in der Hand andere in Grund und Boden redet und sie so reizt, dass sie ihn beschimpfen und sie dann sofort mit Anzeigen bedroht, der will einschüchtern und seine Gegner kleinhalten, die er selber gerne als Linksfaschisten oder Islamfaschisten beschimpft und sich höhnisch über sie lustig macht, wenn manche sich zum Friedensgebet treffen, wie z.B. in der Dresdner Frauenkirche.
Ich spreche heute für den DGB und damit für tausende von Kolleginnen und Kollegen in der Stadt und im Landkreis und auch für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft des Kreisverbandes Rosenheim, also auch für sehr viele Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie Erzieherinnen und Erzieher. Wir sehen es als eine unserer großen Aufgaben an, Kinder und Jugendliche zu aufrechten Demokraten zu erziehen. Wir erziehen sie zu Toleranz, zu Mitgefühl und Verständnis für die Situation aller Menschen. Wir erziehen sie zum Frieden. Wir wollen, dass nie wieder Krieg sei und dass die momentanen Kriege der Welt zu einem tragbaren Frieden führen mögen.
Den Feinden der Demokratie treten wir entschieden entgegen. Und als Gewerkschaftler sagen wir: Alle, die mit uns am Arbeitsplatz in einem lohnabhängigen Verhältnis stehen, sind unsere Schwestern und Brüder, ob sie Christen sind, Muslime oder gar keine Religion haben, ist völlig egal. Die Fronten verlaufen woanders. Wir kämpfen gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen und für einen gerechten Lohn. Internationale Solidarität haben wir uns auf die Fahnen geschrieben. Nur so können wir etwas erreichen.
Mit dem Bündnis „Rosenheim nazifrei“ zeigen wir Leuten wie Stürzenberger die Rote Karte. Wir wollen ein buntes Rosenheim, das in Frieden miteinander lebt und kein aufgehetztes, von dem nur die AFD und andere Rechtsextremisten profitieren.
Redeverbot für Stürzenberger! Hoch die internationale Solidarität!
B) Dr. Thomas Nowotny (Stolperstein-Initiative & Initiativkreis Migration)
Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Thomas Nowotny, ich bin Kinder- und Jugendarzt. Ich stehe hier als Sprecher der Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim, als Mitglied des Initiativkreis Migration und auch als Pate des Projektes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
Bei uns in Deutschland gibt es ja zum Glück keine Rassisten. Jedenfalls keine, die das von sich selbst behaupten.
Wenn Polizisten am Bahnhof nur Menschen mit dunkler Hautfarbe kontrollieren, ist das kein Rassismus. Nur eine anlassunabhängige Personenkontrolle.
Wenn der AFD-Mann im Landtagswahlkampf das N-Wort für schwarzafrikanische Geflüchtete gebraucht und den Eindruck erweckt, das Gesundheitsamt hätte bei ihnen „unglaublich viele HIV-, TBC- und Krätzefälle“ festgestellt – dann ist das kein Rassissmus. Es ist einfach gelogen: Das Gesundheitsamt dementierte umgehend. Wie das Robert-Koch-Institut schon vor Jahren feststellte, sind Flüchtlinge in Bezug auf Infektionsrisiken keine gefährliche, sondern eine gefährdete Gruppe.
Leider auch sehr gefährdet für rassistische Hetze. Winhart hatte wörtlich gesagt:
„Wenn mich in der Nachbarschaft ein Neger anbusselt oder anhustet, dann muss ich wissen, ist er krank oder ist er nicht krank“.
Trotz mehrerer Anzeigen wegen Volksverhetzung lehnte die Staatsanwaltschaft Traunstein eine Anklage ab. Begründung: „Demnach genießen Äußerungen im politischen Meinungskampf besonderen Schutz. Insoweit besteht das Recht auf polemische Zuspitzung und zur bewussten Provokation.“
Dieses Recht nehme ich jetzt auch mal in Anspruch und sage: Wählt keine rassistischen Arschlöcher!
Rassissmus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Das müssen wir bekämpfen – überall!
Auch Stürzenberger ist nach eigener Aussage kein Rassist – nur „Islamkritiker“. Lange habe ich ihn als lästigen Störenfried angesehen, der auf dem Marienplatz akustische Umweltverschmutzung betrieb und Montags die ganze Innenstadt von München als Geisel nahm, weil sie wegen seiner PEDIDA-Umtriebe weiträumig abgesperrt werden musste.
Aber er ist nicht nur lästig, sondern auch gefährlich. Letzten Mittwoch haben seine Hooligans den Marienplatz in ein Scherbenmeer verwandelt bei seiner Kundgebung. Er umgibt sich mit gewaltbereiten Neonazis. Er betreibt eine Internetseite namens PI. Das heißt nicht wie man denken könnte Permanenter Irrsinn oder Pathologisch Intolerant, sondern ganz vornehm „Politically incorrect“.
Besonders ekelhaft ist die Hetze dort, wenn Gewalttaten durch Geflüchtete im wörtlichen Sinn ausgeschlachtet werden, wie im Fall Kandel. Weil wir öffentlich die Aussagekraft und den Sinn von Altersdiagnostik bei jugendlichen Flüchtlingen bezweifelten, wurden wir gleichzeitig als „Gutmenschen-Ärzte“ als „bestialische Mittäter und Unterstützer der Morde an deutschen Frauen jeden Alters“ bezeichnet. Ich werde dort persönlich genannt, was mir wahrscheinlich die zweifelhafte Ehre einbrachte, auf einer anderen Hetzseite erwähnt zu werden: Judas Watch – eine massiv antisemitisch geprägte „Feindesliste“. Diese Listen gehören verboten!
Täglich missbrauchen rechte Trolle die sozialen Netzwerke und machen aus ihnen asoziale Hetzwerke mit Sprüchen von Messern, Kopftüchern und mehr . So auch bei der Polizei Mittelfranken, die eine Statistik über Gewaltdelikte gegen Polizisten twitterte. Ein besorgter User twitterte daraufhin, dass die Gewalt wohl vor allem von „Fachkräften“ ausgehe, die seit 2015 in Deutschland seien – er meinte Geflüchtete – und behauptete, dass die Polizei sich darüber nicht äußern dürfe.Die Polizei Mittelfranken twitterte zurück: „Wir können ganz offen darüber reden. Der größte Anteil ist männlich, weiß, deutsch und stark alkoholisiert.“ Ein trockener Konter, für den das Social-Media-Team gefeiert wurde. Respekt!
Niemand bestreitet, dass es auch unter Geflüchteten und unter Muslims böse Menschen und Gewalttäter gibt. Aber kriminelle Taten einzelner eine ganze Gruppe verantwortlich zu machen – das geht gar nicht! Natürlich gibt es islamistischen Terror. Genau vor dem sind aber die viele Afghanen geflohen! Wie pervers ist das denn, ihn als Argument zu nehmen, sie wieder in Krieg und Terror zurückzuschicken!
Und pervers ist es, eine ganze Religionsgemeinschaft zu verunglimpfen und Hass und Gewalt gegen sie zu säen. Es ist außerdem verboten! Hören Sie auf damit!
Wir von Initiativkreis Migration setzen uns für Geflüchtete ein. Wir zeigen im Bürgerhaus Happing eine Ausstellung von Pro Asyl „Menschen und Rechte sind unteilbar“ und machen dort am nächsten Donnerstag, 26.09.2019 um 18:30 Uhr eine Veranstaltung. Näheres auf dem Flyer hier am Infotisch, alle sind herzlich eingeladen – Nazis ausgenommen, versteht sich.
Herrn Stürzenberger versucht immer wieder, sich Juden anzubiedern, die er vermeintlich vor islamistischen antisemitischen Attacken schützen will. Manchmal ist in seinem Dunstkreis gar ein Mann mit Kippa zu sehen.
Niemand bestreitet, dass es auch unter Juden böse Menschen und Rechtsradikale gibt. Aber sich als Feigenblatt für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit benutzen zu lassen – das geht gar nicht!
Die Erinnerung an den Naziterror, an die Verbrechen, denen in Deutschland Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Christen, politisch Andersdenkenden zum Opfer fielen, halten wir mit Erinnerungszeichen wie den Stolpersteinen wach. Für uns gibt es nur eine Konsequenz daraus. Ein aus England angereister Angehöriger eines jüdischen Opfers hat sie formuliert: You must be strictly intolerant against intolerance!
Ihr müsst absolut intolerant sein gegen die Intoleranz! Deshalb stehen wir hier, und deshalb kämpfen wir gegen die Nazis! Nie wieder!
Zur Veranstaltung „Wie wollen wir uns erinnern“
am Mittwoch, 9. Oktober 2019, 18 Uhr
in der Städtischen Realschule für Mädchen in Rosenheim laden wir herzlich ein.
Geplant sind spannende Beiträge von Terry Swartzberg, Sprecher der Initiative Stolpersteine für München, von Prof. Kilian Stauss (Hochschule Rosenheim) über das Projekt „Erinnerungszeichen“ des Münchner Stadtarchivs, und von Michaela Hoff (Otfried-Preußler-Mittelschule Stephanskirchen) über die Beiträge des Schulradioprojekts „Simsseewelle“ zum Thema.
Eingeladen sind Schülerinnen und Schüler aller Schulen in Rosenheim und Umgebung ab der 8. Jahrgangsstufe, aber auch alle anderen Interessierten
– Nazis ausgenommen, versteht sich.
Vielen Dank!
C) Reka Molnar (Jusos)
D) Angelika Graf (Gesicht zeigen)
Die Väter und Mütter des GG haben unter dem Eindruck der Zerstörung von Leben, Menschlichkeit und Infrastruktur durch das verbrecherische Nazi-Regime 1949 vor 70 Jahren eine Verfassung geschrieben, die gewährleisten sollte, dass
- unser Land nie mehr in eine derartige Barbarei zurückfallen darf und
- nie mehr in unserem Land Menschen wegen ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden dürfen.
In Art. 4 GG heißt es.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
Es ist ein wichtiges Menschenrecht, welches da festgeschrieben ist.
Dieses Menschenrecht gilt auch bzgl. des Islam und für die in Deutschland lebenden Muslime. Wer das in Zweifel zieht, stellt sich außerhalb unserer Demokratie.
Hetzer wie Stürzenberger nutzen ihr ebenfalls verbrieftes demokratisches Recht der Rede- und Meinungsfreiheit, um in unverschämter Weise zu versuchen, einen der Grundpfeiler unserer Demokratie einreißen. Das wird ihm nicht gelingen, aber das Vorgehen erinnert fatal an dunkle Zeiten. (Juden, Zeugen Jehovas) (Sophie Scholl???)
Für uns steht fest:
- Wir lassen unsere muslimischen Mitbürger, die viel zum Reichtum unseres Landes beigetragen haben und gute Freunde und Nachbarn geworden sind, nicht bedrohen.
- Wir lassen nicht zu, dass ihre Würde zerstört wird.
- Wir lassen muslimische Flüchtlinge, die aus Krieg und Verzweiflung geflohen sind, nicht nur wegen ihrer Religion in die Ecke von Straftätern stellen. Können wir uns hier im reichen Deutschland von heute überhaupt noch vorstellen, wie das ist, vor Gewalt und Armut zu fliehen? Es ist nur 70 Jahre her, dass viele Deutsche das selbst erleben mussten.
Viele Beispiele auch der jüngeren Zeit zeigen, dass Hass in Wort und Schrift die Grundlage für physische Gewalt ist. Politik und Gesellschaft müssen dagegen aufstehen, wie das schon am 13.7.2019 viele Rosenheimer Bürger anlässlich des letzten Auftritts von Stürzenberger getan haben.
Er zerstört den Zusammenhalt und die Solidarität in unserer Gesellschaft sowie alle Bemühungen der Integration. Im Grunde beleidigt er uns alle.
Für Hetzer wie ihn ist kein Platz in Rosenheim.
E) Thomas Frank (SPD Rosenheim)
Liebe Mitbürger, liebe Demokratinnen und Demokraten
Erstmal möchte ich mich bei den Organisatoren der heutigen Veranstaltung, dem Bündnis „Rosenheim nazifrei“ für die Organisation der heutigen Veranstaltung bedanken.
Wenn ich in die Runde sehe, macht mich das als Rosenheimer stolz. Es ist noch nicht lange her, es war im Juli diesen Jahres, dass wir uns an gleicher Stelle und aus gleichem Anlass getroffen haben. Damals kamen mehr als 300 Menschen zur Gegenkundgebung, und heute sind es mindestens genauso viele. Und das ist wichtig und ausgesprochen gut so.
In einem demokratisch regierten und liberalen Land lässt sich nicht verhindern, dass Extremisten Ihre abstrusen und rechtsextremen Parolen propagieren”. Aber wir können verhindern, dass Sie unsere Städte und Plätze einnehmen und dominieren. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns jedoch stellen können und müssen. Wir haben es in der Hand zu zeigen, dass Rosenheim und unser Land liberal, weltoffen und bunt sind. Genau dafür sind wir heute alle hier!
Wir können es nicht dulden, dass Rechtsextreme hier Ihre Parolen brüllen und versuchen, für die Mehrheit der Menschen zu sprechen. Doch eines ist klar-diese Menschen sind nicht die Mehrheit. Denn die wirkliche Mehrheit in diesem Land will mit Populisten und rassistischen Parolen und Hetze nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun haben
Im Fokus der Rechtsextremen stehen Geflüchtete, Musliminnen und Muslime, Obdachlose, Jüdinnen und Juden, Homosexuelle. Sie sind gefährdet zu Opfern zu werden, weil das Weltbild der Rechten Fremdenhass als oberstes Gebot predigt. Wir haben das in unserem Land schon einmal erlebt und werden deshalb diese Gesinnung niemals mehr tolerieren.
Wir sind froh, dass unser Land aus der Geschichte gelernt hat und seit Jahren stolz auf unsere Demokratie ist. Dieses Land ist eine erfolgreiche Demokratie. Deswegen dürfen wir nicht wegsehen und wir dürfen auch nicht stillschweigend Extremismus und Fremdenhass dulden.
Jeder Mensch hat bei uns das Recht in Freiheit und Sicherheit zu leben. Zu unserem Land gehören sowohl Menschen mit anderen Nationalitäten als auch alle Menschen, denen ein friedliches Zusammenleben oberstes Gebot ist. Nie wieder darf es in Rosenheim und in diesem Land rechtsextremen Parolen geben
Die Mehrheit der Bürger ist stark und verteidigt diese Demokratie die nicht braun sondern bunt ist. Menschen, die Hilfe brauchen, können immer mit uns rechnen
Es ist die Aufgabe und zugleich Pflicht von uns allen, Hass, Hetze und Extremisten zu bekämpfen, Lasst uns dies stets beherzigen und gebt den extremistischen Parolen keinen Raum, damit unser Land auch in Zukunft frei und lebenswert bleibt.
In diesem Sinne Danke an alle, die heute in Rosenheim hier her gekommen sind und damit ein Zeichen für ein tolerantes und friedliches Zusammenleben gesetzt haben
F) contre la tristesse
Paradise now!Religionskritik statt Rassismus
Heute sind wir in Rosenheim wieder gegen den rechten Multifunktionär Michael Stürzenberger auf der Straße, der seit Jahren unter unterschiedlichen Labels an der Organisation rassistischer Kundgebungen und Demonstrationen, so auch an einigen „Pegida“ – Demonstrationen in München, beteiligt ist. Bereits im Juli beschallte dieser selbsternannte „Retter des Abendlandes“ mit einer mehrstündigen Kundgebung die Rosenheimer Innenstadt. Hunderte Menschen hielten dagegen und demonstrierten damals lautstark gegen Rassismus.
Seine vorgeschobene „Islamkritik“ ist dabei nichts als Etikettenschwindel, um rassistische Ressentiments zu schüren und eine Politik der Abschottung und Ausgrenzung zu legitimieren. Ihm geht es darum, ein verallgemeinerndes und dämonisierendes Bild von Muslim_innen zu bedienen, das es ihm erlaubt, „den Islam“ als existenzielle Bedrohung für die westliche Zivilisation und sein geliebtes deutsches Volk darzustellen, die bekämpft werden muss. Mit einer Kritik in ihrem Wortsinn, also dem rationalen Durchdringen von Sachverhalten, hat dieses Weltbild rein gar nichts zu tun, im Gegenteil – es ist brandgefährlich. Stürzenberger und Konsorten geht es nämlich nicht darum, den global erstarkenden Islamismus und seine gesellschaftlichen wie historischen Wurzeln zu kritisieren oder zu bekämpfen, sondern es geht ihnen darum, ihrer Anhängerschaft und ihrem Publikum eine Legitimation dafür zu geben, sich hinter rassistische und nationalistische Forderungen zu stellen. Besonders deutlich wird das z.B. aufgrund der Tatsache, dass sich „Pegida“ ursprünglich gegen Unterstützer*innen der PKK gründete, also gegen diejenigen an deren Seite die YPG/JPG und anderen in Syrien seit Jahren gegen die Islamisten des „Islamischen Staat“ und für eine säkulare Gesellschaft gekämpft haben und kämpfen.
Angesichts solcher Scheinkritik lohnt es sich, sich auch aus emanzipatorischer, linker Sicht mit der Rolle der Religion in unserer Gesellschaft auseinander zu setzen. Das religiöse Bedürfnis ist zu großen Teilen gesellschaftlich bedingt – also ein Produkt der Verhältnisse oder anders: ein „Seufzer der bedrängten Kreatur“ (Marx), wobei unter Bedrängung die sowohl körperlich wie geistig zu begreifende Entsagung und Beschädigung des Einzelnen zu verstehen ist. Die Zumutungen, welche die bestehende Form der Vergesellschaftung für den Einzelnen bereithalten – aktuell kapitalistische Produktionsweise, Patriarchat und Staat – schaffen erst das Bedürfnis des Einzelnen, diese Zumutungen zu rationalisieren, ihrer Sinnlosigkeit einen sakralen Sinn zu geben. Erst weil das Bestehende daran scheitert, die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zu befriedigen, entsteht bei diesen das Bedürfnis, statt weltlichen Glücks die Erlösung im Himmlischen zu suchen. Oder um es kurz zu sagen, Religionskritik muss gleichzeitig Herrschaftskritik sein, also kein rein plakatives Ablehnen von Religion, sondern eine materialistische Kritik der Verhältnisse, die religiöse Ideologien – egal ob christliche, muslimische oder esoterische – als Verschleierung für das Bestehen ihrer ungleichen Verhältnisse benötigen.
Wo also eine rassistische pseudo-Islamkritik in Stellung gebracht wird, um Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, gilt es an linke Grundwerte zu erinnern. Es gilt, was Marx schon vor rund 150 Jahren treffend formuliert hat:
„Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, Kader wie Stürzenberger als Stichwortgeber der sozialen Bewegung von rechts zu begreifen, die auf eine weitere Verschärfung der jetzt schon extrem restriktiven deutschen Asyl- und Migrationspolitik hinwirken. Ihnen geht es darum Refugees und Migrant*innen kollektiv „dem Islam“ zuzuschreiben, damit zum Feind zu erklären und aus der Gesellschaft auszuschließen. Da diese rassistische Projektion keine Widersprüchlichkeiten zulässt, ist auch die Frage nach der individuellen Ausrichtung der Religiösität für sie irrelevant. An den tödlichen Außengrenzen der EU, deren weitere Militarisierung seit Jahren Kernforderung beispielsweise der „Pegida“ – Demonstrationen ist, sterben seit Jahren Menschen, egal welchen Glaubens als Folge der rassistischen Abschottungspolitik Europas.
Der Kampf gegen das Erstarken der Rechten muss sich – wenn er erfolgreich sein will – also auch gegen jene gesellschaftlichen Verhältnisse richten, die rechte Bewegungen überhaupt erst möglich machen: Gegen religiösen Wahn und Irrationalismus, gegen den Rassismus, der die deutsche Gesellschaft nicht nur am rechten Rand, sondern bis weit in ihre Mitte hinein prägt und gegen eine Asyl- und Migrationspolitik, die Deutschland und Europa abschottet und an seinen Aussengrenzen jedes Jahr tausende Geflüchtete elendig sterben lässt. Gegen globale Verhältnisse, die, geprägt von (post)kolonialer Ausbeutung und kriegerischer Gewalt, Menschen in die Flucht zwingen und gegen eine Gesellschaft, die Migrant_innen und Geflüchteten demokratische Rechte abspricht und sie von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließt. Als antifaschistische und antirassistische Öffentlichkeit müssen wir in die Offensive gehen für eine solidarische Gesellschaft, die Menschen nicht nach Kriterien der Verwertbarkeit oder des Rassismus sortiert und globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen garantiert. Ein solches universelles und demokratisches Recht auf globale Bewegungsfreiheit wird in gegenwärtigen Debatten wohl eher wahlweise als ‘sympathische, aber unrealisierbare Spinnerei’ oder als ‘Wahnsinn’ abgetan. Tatsächlich scheint es in den gegenwärtigen kapitalistischen und rassistischen Verhältnissen nicht denkbar. Doch diese Erkenntnis darf nicht in die Doppelmoral der Mehrheitsgesellschaft oder die resignierte Anerkennung des Status Quo führen. Die Doppelmoral besteht v.a. darin, von Humanismus zu faseln und gleichzeitig Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken zu lassen. Wenn die gegenwärtigen Verhältnisse globale Bewegungsfreiheit der Migration verunmöglichen, dann bedarf es nicht weniger als einer radikalen Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Diese Perspektive tragen wir heute auf die Straßen. Zeigen wir Stürzenberger und seiner Anhängerschaft, dass sie in Rosenheim auch weiterhin nichts zu suchen haben. Seid entschlossen und kreativ. Denn: Weder nationale oder regligiöse Kollektive, noch Nationalismus und Rassismus sind für uns eine Alternative. Die befreite Gesellschaft allerdings schon.
G) Christopher (SPD Raubling)
„Rosenheimerinnen und Rosenheimer!
Im Namen der SPD Raubling spreche ich heute voller Stolz zu Euch: Wir stehen hier in der Heilig-Geist-Straße für die Verteidigung unserer muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger – für eine friedliche gemeinsame Zukunft – für eine offene Gesellschaft mit freier Religionsausübung – für ein offenes Land mit freien Menschen in einer funktionierenden Demokratie. Wir hier – wir wissen: Demokratie ist kein Geschenk und nicht „für umsonst“. Sie ist unser ständiger Auftrag. Es ist ein „Liebe und Hoffnung geben“ und ein „Mut machen“. Wir (!) sind die leuchtende Zukunft! Rosenheimerinnen und Rosenheimer! Dort drüben an unserem Nepomuk-Brunnen steht die autoritäre Rechte. Dort drüben wird unsere schwer erkämpfte Meinungsfreiheit verspottet. Dort drüben werden die von uns (!) garantierten Grundrechte gegen (!) uns missbraucht, um sie dann wieder einzuschränken. Dort am Nepomuk-Brunnen steht der ernstgemeinte Versuch einer autoritären Revolte gegen unsere Demokratie. Dort am Max-Josefs-Platz – dort drüben – hat auch und wiederholt ein Adolf Hitler gesprochen zu seiner Rosenheimer NSDAP. Dort hat Hitler immer und immer wieder gegen unsere SPD und gegen unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens gehetzt. Was aber ist aus diesen Menschen geworden? Wir wissen es: Aus unserer Mitte gerissen wurden sie, um dann ermordet zu werden – die Erinnerung an sie ausgelöscht – die Beweise dafür kurz vor der Befreiung von Rosenheim und dem Inntal vernichtet, wie die armen Menschen zuvor. Aber Gott sei Dank nicht alle! Das Beispiel der SPD Raubling zeigt: Erst seit 2019 können wir wieder beweisen, dass es uns in Raubling als SPD-Ortsverband schon vor unserem Verbot 1933 gegeben hat. Wie damals stehen wir heute für Demokratie und Freiheit gegen die autoritäre Selbstgefälligkeit auf und zeigen klare Kante. Rosenheim ist frei! Raubling ist frei! Und wir bleiben (!) frei!“
H) Stadtjugendring Rosenheim